Vereinsgeschichte

Die hier wiedergegebene Vereinschronik ist im Wesentlichen (1910 - 1985) der anlässlich des 75 jährigen Vereinsbestehens im Jahre 1985 erschienen Festschrift entnommen.

Sie wurde von Alfred Memmel verfasst.


Der Übersichtlichkeit halber besteht die Chronik aus mehreren Einzelteilen:



Als die 28 Gründungsmitglieder am 1. Mai 1910 das Gründungsprotokoll des TSV Rannungen unterzeichneten, waren sie sich sicherlich der Tatsache bewusst, dass mit dieser Gründung eines Turnvereins in der damals etwa 820 Einwohner zählenden Gemeinde schon ein kleines Abenteuer begann. Freizeit nämlich war im damals ganz vom Bäuerlichen geprägten Tages und Jahreslauf bei der kaum nennenswerten Mechanisierung von Seltenheitswert. Die verbleibende freie Zeit benötigte man vor allem dazu, sich von der schweren körperlichen Arbeit des Werktags auszuruhen. Im Garten der Gastwirtschaft von Bernhard Metz, wo ein erster Turnplatz eingerichtet wurde, wollten deshalb nur wenige Idealisten ihre freie Zeit zu sportlich-turnerischer Betätigung verwenden. Die Beschaffung der ersten Geräte war ganz auf das Turnen abgestimmt, ein Gebiet, auf dem der TSV später beachtliche Erfolge erringen sollte. Regelmäßiger Besuch des Kreisturnens in Münnerstadt, die Teilnahme an anderen Turnfesten und Fahnenweihen-die erste Abordnung hatte der TSV am 3. Juli 1910 nach Unsleben entsandt- integrierten den Verein bald in die gesamte Turn-Organisation, was mit dem Beitritt zum Deutschen Turnerbund am 2. Oktober 1910 auch formal vollzogen wurde. Preiskegeln, Tanzkränzchen, Christbaumverlosungen und regelmäßige Versammlungen förderten diese Gemeinschaft aktiver Sportfreunde. Wie schnell man auch leistungsmäßig Anschluss fand, zeigt die Tatsache, dass schon am 5.6.1911 Aktive des TSV Rannungen am Gauturnfest in Bad Neustadt teilnahmen. Die Gemeinde förderte die Anliegen des Vereins von Anfang an, denn dem Antrag auf Bereitstellung eines Turnplatzes am nördlichen Ortsrand am Kisserichsweg" wurde sofort stattgegeben; am 27.8.1911 wurde er mit einem Preisturnen eingeweiht. Bürgermeister Borst stellte Kastanienbäume für den Platz zur Verfügung. Im Frühjahr 1914 pflanzten die Mitglieder des TSV einen lebenden Zaun aus Weißdorn rings um ihre erste vereinseigene Anlage. In diesem parkähnlichen Zustand blieb der schattige Turnplatz erhalten, bis er Anfang der 60er Jahre im Rahmen der Flurbereinigung wieder aus dem Ortsbild verschwand. Nur bei den Älteren sind inzwischen diese Erinnerungen an den Turnplatz noch lebendig. Die Vielseitigkeit des Vereinslebens brachte der am 7.1.1912 gefasste Beschluss zum Ausdruck, eine Theaterbühne anzuschaffen; sie hatte am 11.12.1913 "Premiere" und wurde in der Folgezeit immer wieder gerne benutzt. Mittlerweile war der Verein recht erfreulich erstarkt; am 26.4.1913 wurde eine Vereinsfahne für 280 RM bestellt und am 7. Juli feierlich geweiht. 49 Gastvereine mit dem Patenverein Münnerstadt an der Spitze hatten sich zur Fahnenweihe in Rannungen eingefunden. Ein Foto erinnert im Vereinsheim an dieses erste größere Fest des TSV. Nicht weniger als 292 Aktive beteiligten sich an einem damit verbundenen Wettturnen. Doch jäh unterbrochen wurden die erfreulichen Anfangsjahre durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die Einberufung von nicht weniger als 109 Sportvereinsmitgliedern. 19 junge Vereinskameraden mussten auf den verschiedenen Schlachtfeldern sterben, die anderen kehrten, teilweise versehrt, von den Kriegsschauplätzen in die Heimat zurück. Eine Gedenktafel im Friedhof, an Allerseelen 1919 enthüllt, verzeichnet die Namen der 19 im Ersten Weltkrieg gefallenen Sportkameraden des TSV. Nur langsam füllten sich die schwer gelichteten Reihen durch jüngere Aktive. Trotzdem wurde am 26./27. Juni 1920 ein Gauturnfest in Rannungen ausgetragen. Noch waren die vom Weltkrieg geschlagenen Wunden nicht verheilt, als die Entwicklung der 20er Jahre weitere, diesmal wirtschaftliche, Sorgen brachte. Damals sank die Zahl der Mitglieder, die Verschuldung des Vereins wuchs zusehends; wegen der, wie man glaubte, zu hohen Beiträgewar am 29.12.1918 der Austritt aus dem Turngau beschlossen worden. Mit den 20er Jahren waren schwere Jahre durchzustehen, in denen der TSV mit Krisen und Schwierigkeiten fertigwerden musste, wollte er weiterbestehen und nicht untergehen. Erst als sich durch den Zusammenschluss der katholischen DJK mit dem TSV die Mitgliederzahl 1929/30 von 42 auf 70 erhöhte, schien die Zukunft nicht weiter in Frage gestellt. Es ging wieder aufwärts, und das Angebot an sportlicher Betätigung weitete sich aus: Am 2. Juli 1921 hatte sich den Turnfreunden bereits eine Faustballriege hinzugesellt; am 3. Februar 1929 bildete sich eine Fußballriege im Verein, außerdem eine Schlagballmannschaft im August 1930. Gastwirt Metz stellte dazu auch eine Kegelbahn in Aussicht. So konnte am 1.4.1929 der Wiedereintritt in den Turngau protokolliert werden, außerdem der erfreuliche Umstand, dass der damalige 2. Bürgermeister Berninger dem Verein einen weiteren Turnplatz zur Verfügung stellte. Vorübergehend diente auch der Pfarracker am Kissinger Kreuz dem Verein, Pfarrer Stöhr hatte ihn angeboten. Neben einer Reihe von Werbe- und Preisturnveranstaltungen brachten diese Jahre am 21./22. Juni 1930 das zwanzigjährige Stiftungsfest zusammen mit dem 7. Bezirksfest der DJK in Rannungen. Die Erwägungen, neben dem Schwerpunkt Turnen auch Fußball und Handball im Verein zu spielen, zeitigten vorerst noch keinen systematischen Spielbetrieb. Im Jahre 1933 stand dem Verein zwar endlich ein größeres Spielfeld für Rasenspiele zur Verfügung, der "Sportplatz" an der Rannunger Kapelle, doch wurde am 16. Juli jenes für Deutschland so unheilvollen Jahres zunächst die Trennung von DJK und TSV erzwungen, ehe die Entwicklung, wie bei anderen Vereinen auch, durch die Machthaber des Dritten Reiches ins Abseits führte Ende 1933 waren schließlich alle verboten.


1945 - 1958

Im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs verloren erneut zahlreiche junge, aktive Sportler Leben oder Gesundheit auf den vielen Schauplätzen des Krieges. Möge allen gefallenen oder vermissten Kameraden ein ehrendes Gedenken bewahrt bleiben. Nach diesen politisch erzwungenen Jahren der Passivität wurde der TSV Rannungen am 26. Juli 1946 unter den ärmlichen Verhältnissen der unmittelbaren Nachkriegsjahre wiedergegründet. Mit Trainings und Gymnastikstunden in der Schule wurde die Vereinsarbeit wiederaufgenommen; durch die Erarbeitung einer neuen Satzung, die am 14. Februar 1947 von den Mitgliedern genehmigt wurde, schuf sich der Verein eine neue theoretische Grundlage. Endlich kam nun der schon so lange angestrebte Einstieg in den Fußball zustande: Das erste offizielle Spiel in der Vereinsgeschichte wurde am 21.4.1947 gegen Pfändhausen ausgetragen, ehe am 14.Juni die Meldung zu den regulären Verbandsspielen offiziell vorgenommen wurde. Deren Auftakt bildete am 7. September 1947 eine Begegnung zwischen dem TSV Rannungen und Oerlenbach, die nach einem Halbzeit-Rückstand von 1:3 noch 5:4 gewonnen werden konnte. Mit einem respektablen 5. Tabellenplatz hatte der TSV seine erste Verbandsrunde schließlich recht gut überstanden. Neben dem Beitritt zum BLSV konnte das Protokoll für 1947 wieder Turnveranstaltungen verzeichnen: Der erste Turnwettkampf gegen Reiterswiesen am 20.7.1947 allerdings fiel buchstäblich "ins Wasser". Doch niemand ließ sich entmutigen, und die Turner trainierten besonders eifrig weiter. Bald stellten sich beachtliche Erfolge ein: Am 20.8.1948 ging bei einem Turnvergleichskampf mit Münnerstadt und Königshofen/Grabfeld der TSV als Sieger hervor. Kurz darauf, am 5. September 1948, wurde der TSV durch seine ausgezeichneten Turner Canisius Wegner und Walter Relling 1. Sieger beim Tumvergleichskampf in Königshofen und damit Bezirksmeister von Unterfranken. Am 17. Juli 1949 richtete der TSV ein großes Turnfest in Rannungen aus: Zu den Wettkämpfen traten damals etwa 200 Aktive an, 13 Fahnen wurden im Festzug mitgeführt, sogar die Bezirks-Turnriege war hierhergekommen. Der TSV besuchte fünf andere Turnfeste in diesem Jahr. Zum 40 jährigen Jubiläum wurde am 26. Juni 1950 ein Bezirks-Turnfest durchgeführt, an dem sich 25 Gastvereine beteiligten. Doch die Rannunger Sportanlagen ließen mittlerweile mehr und mehr zu wünschen übrig; vor allem war der Sportplatz dringend zu vergrößern und neu zu planieren. Zu diesem Zweck wurden dem TSV — er zählte damals 128 Mitglieder — vom Bayerischen Fußballtoto erstmals Mittel zur Verfügung gestellt; eine namhafte Spende der Gemeinde sowie ein weiterer Beitrag aus Totomitteln im Jahre 1953 ließen die Durchführung jener umfassenden Arbeiten in greifbare Nähe rücken. Mit großem Stolz verbreitete man am 17.8.1951 die Nachricht in der Gemeinde, dass der begeisterte Turner Canisius Wegner vom TSV Rannungen durch sein herausragendes Können den Titel eines Gaumeisters errungen hatte. Als Folge davon machte man sich erstmals Gedanken über einen eventuellen Turnhallenbau, was aber zu damaligen Zeiten fast als Utopie gelten durfte: Woher hätte man auch die Mittel nehmen sollen? Jedenfalls wurden schon allerhand Informationen gesammelt. Der 15.Juli 1952 zählt sicherlich zu den absoluten Höhepunkten in der Geschichte des TSV, denn beim 60. Gauturnfest in Maßbach wurden sämtliche Gaumeistertitel von Walter Rellig und Canisius Wegner für den TSV errungen. Dieser Erfolg wiederholte sich bei der Austragung eines Turn- und Sportfestes am 6./7. Juli 1953 in Rannungen. Für eine Gemeinde wie Rannungen wahrhaftig ein außergewöhnlicher Erfolg! Im gleichen Jahr noch wurde die Erweiterung und Verbesserung des Sportgeländes an der Kapelle in Angriff genommen. Es waren nicht unerhebliche Planierungsarbeiten erforderlich, die von der US-Army durchgeführt wurden, zahlreiche Arbeiten von Hand waren auf dem nun noch, steinreicheren Gelände vonnöten. Es sei an dieser Stelle dankbar erwähnt, dass der Nachbarverein FC Rottershausen damals über ein Jahr lang seine Spielanlage unentgeltlich für die Durchführung aller Punkte- und Pokalspiele zur Verfügung stellte. Am 14. August 1955 wurde der erweiterte Sportplatz wieder seiner Bestimmung übergeben. Dass man mit großem Eifer auf der neuen Anlage trainierte, bewies der steile Aufstieg in der Tabelle, bis der TSV am 13. Juli 1958 seinen ersten Meistertitel feiern konnte mit 38:6 Punkten und 73:29 Toren am Ende der Saison. Vor dem endgültigen Aufstieg in die B-Klasse sollte jedoch noch ein Entscheidungsspiel bevorstehen, das Schicksalsspiel gegen Ebenhausen. Nach einer Reihe von Berufungen und Eingaben (das Entscheidungsspiel sollte ursprünglich in Ebenhausen stattfinden) fuhr die Rannunger Mannschaft am 15.8. 1958 zum Platz der FT Schweinfurt, begleitet von einer Reihe von bangenden Schlachtenbummlern. Mit Schweinfurt verbanden sich zwar keine positiven Erinnerungen die Fußballfans jener Jahre erinnern sich wohl noch an den Torsegen vom 5. Dezember 1952 — doch die Mannschaft des TSV schaffte den Sieg, und ihr Aufstieg in die B-Klasse wurde dann auch gebührend gefeiert.


1959 - 1970

Als gegen Ende der 50er Jahre die Flurbereinigung zur Durchführung kam, waren am 31. Januar 1959 erneut Überlegungen anzustellen hinsichtlich des Sportgeländes. Dessen Standort war in Frage gestellt. Eine neue Anlage sollte nach übereinstimmender Auffassung näher am Ort, zugleich damit näher am Schulgelände, angesiedelt werden, aber nicht mehr unmittelbar neben einer Hauptverkehrsstraße. In Abwägung aller Gesichtspunkte schien aufgrund der gegebenen Verhältnisse der Bereich am Wasserturm besonders geeignet zu sein, weshalb sich die Planungen von Anfang an auf den "Rottershäuser Weg" konzentrierten: So sollte das Sportgelände neben seinem Ausgangspunkt am alten Turnplatz, der in den Neubaubereich eingegliedert wurde, seine endgültige Position erhalten. Beim 50 jährigen Vereinsbestehen wurde am 28./29. Mai 1960 ein Pokalturnier durchgeführt, außerdem ein bezirksoffenes Turnfest am 16./17. Juli. Die Fußballsaison 1960/61 schloss Rannungen als Vizemeister der B-Klasse Bad Kissingen ab; Arnshausen verzichtete als Spitzenreiter auf einen Aufstieg, sodass sich der TSV mit Zustimmung seiner Mitglieder in der A-Klasse Rhön versuchen konnte, wo sich die Mannschaft immerhin über vier Jahre lang behauptete. Nachdem Vorstandschaft, Flurbereinigungsbehörden und Gemeinde die Standortfrage für ein neues Sportgelände einvernehmlich geklärt hatten, erstellte Bauingenieur Wirth, Werneck, konkrete Pläne für neue Sportanlagen am Wasserturm. Seine Entwürfe legte Wirth am 28. Februar 1964 dem TSV vor. Im Herbst des Jahres, nach der Neuverteilung der Grundstücke, begannen die Arbeiten an der Anlage, auf der an Kirchweih 1965 der erste Baum feierlich gepflanzt wurde. Planierarbeiten, das Anlegen von Sickerschlitzen und, wie auf vielen Feldern in der Rannunger Flur vonnöten, eifriges Steinelesen, füllten die folgenden Jahre aus. Doch sollte diese neue Sportanlage durch ein eigenes Vereinsheim vervollständigt werden. Am 6. August 1967 wurde ein entsprechender Zuschuss-Antrag vom BLSV angenommen, der Finanzierungsplan des TSV am 12.11. des Jahres eingereicht. 1968 wurde der Rasen auf den Spielflächen angesät, etwa 1 200 Bäume und Sträucher als Windschutz rings um die Anlage gepflanzt. Der Rasen sollte richtig Wurzel fassen können, weshalb das Spielfeld noch nicht benutzt wurde. 1969 wurde ein Mähtraktor zur optimalen Pflege der Flächen beschafft. Höhepunkt des Jahres 1969 wurde natürlich die glanzvolle Einweihung dieser neuen Sportanlagen. Ein Gottesdienst auf dem Spielfeld leitete den Abschluss der dreitägigen Feiern ein; Pfarrer Dr. Haun nahm anschließend die Segnung der Anlage vor. Unerwartet zahlreich waren die Sportfreunde nach Rannungen gekommen, nicht zuletzt des äußerst attraktiven Programms wegen. Zwei Fallschirmspringer des Aero-Clubs Schweinfurt versuchten eine Ziellandung am Anstoßkreis, was ihnen trotz der Windböen zur Freude aller Zuschauer gelang. Das Hauptspiel des Nachmittags bestritten die "Grünweißen" des FC 05 Schweinfurt gegen eine Kissinger Kreisauswahl. Den Fußball hatten die Fallschirmspringer aus luftiger Höhe mitgebracht. Die renommierte Mannschaft des FC 05, damals die einzige in der Regionalliga, die aus Unterfranken stammte, hatte an die 4 000 Fußballfans nach Rannungen gebracht. Organisation, Programm und ideale Wetterbedingungen ließen diese Tage zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Kaum jemand aber wollte es sich vorstellen, dass an der Stelle des Festzeltes von 1969 innerhalb der folgenden Monate das Vereinsheim entstehen würde! Zwar war ein Modell nach Plänen der Architekten Pohl und Blenk, Schweinfurt, beim Festkommers bereits zu betrachten, aber um dieses Projekt im Laufe des folgenden Jahres zu verwirklichen, dafür mussten viele Dinge noch koordiniert werden, und die Zeit drängte. Mit dem 6Ojährigen Stiftungsfest, gefeiert vom 17. bis 19. Juli 1970 unter der Schirmherrschaft von Alex Hösl, MdB, war der äußere Auf- und Ausbau des TSV Rannungen zu einem gewissen Abschluss gekommen. Viele der mittlerweile 222 Mitglieder hatten in vorbildlicher Weise zur Entstehung eines neuen Vereinsheimes an der Jahnstraße beigetragen: Etwa 6 000 Arbeitsstunden wurden freiwillig erbracht, was einer Minderung der Baukosten von 250 000 DM um etwa ein Drittel entsprach; außerdem hatten Gemeinde und BLSV Mittel bereitgestellt. Franz Seufert war das einzige damals noch lebende Gründungs- und Ehrenmitglied, zwölf Mitglieder konnten im Festkommers für 50 jährige und neun für 40 jährige Mitgliedschaft geehrt werden. Attraktiv wie nie zuvor war das Festprogramm von 1970. Die Einweihung des neuen Vereinsheimes nach dem Gottesdienst am Sonntagmorgen um 8 Uhr auf dem neuen Sportplatz nahm Pfarrer Dr. Haun vor. Im Anschluss an den Festzug starteten zwei ausgesprochene Schlagerspiele, zunächst eine Begegnung der AH-Mannschaften des FC Haßfurt und von Bayern München. Nach einem Fallschirm-Zielspringen traten die AH des 1. FC Nürnberg und des 1. FC 05 Schweinfurt zum Match an. Diese Attraktionen hatten Sportfreunde in bis dahin noch nicht gesehener Zahl nach Rannungen gebracht, wo die parkenden PKWs sich bis zum Wald am "Hohen Berg" aneinandergereiht hatten. Das neue Vereinsheim brachte neue Aktivitäten für das Vereinsleben, jedoch war für die Wirtschaftsführung zunächst eine Lösung zu finden. Man kam schließlich überein, dass Mitglieder der Vorstandschaft im Wechsel diese Aufgabe übernehmen sollten. Die Turnstunden der Volksschule konnten nun im Gymnastikraum abgehalten werden. Eine Abteilung für Frauenturnen wurde unter der Leitung von Irmgard Erhard eingerichtet; mehr als 70 Teilnehmer schlossen sich dieser Gruppe schon im ersten Jahr an.


1971 - 1978

Zehn Mitglieder des TSV gründeten am 27. Januar 1971 eine Schützenabteilung Siegfried Keß hatte dazu die Initiative ergriffen — und nahmen damit die Tradition der "Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft" von 1912 wieder auf, deren Aktivitäten bis in die 30er Jahre protokollarisch festgehalten sind. Andere Abteilungen nahmen eine ebenso gedeihliche Entwicklung. Von den Leichtathletik-Mädchen des TSV fanden sich 1970 drei in der Bestenliste des Rhön-Saale-Gaues; die Fußballabteilung errang mit vier Mannschaften die Meisterschaft in ihrer jeweiligen Klasse, am längsten ersehnt davon sicherlich die Meisterschaft in der C-Klasse, Gruppe 20, die endlich den Wiederaufstieg in die B-Klasse brachte. Die Zahlen von 1971 berichten von neuen Erfolgen. In der Generalversammlung vom 17.7. werden 360 Mitglieder angeführt, davon 35 Aktive bei den Sängern und ebenso viele Schützen. Die Mädchen des TSV jedoch brachten es auf 30 Leichtathletik-Gaumeister, ein wahrlich bemerkenswertes Niveau war wieder erreicht! Eine Asphaltierung des Parkplatzes, die Beleuchtung der Jahnstraße und des Trainingsplatzes wurden in die Wege geleitet bzw. durchgeführt. Leider waren vier Einbrüche im Vereinsheim zu beklagen. Das 25 jährige Bestehen seiner Fußballabteilung seit dem Wiederbeginn nach 1945 feierte der TSV Rannungen am 25. 5. 1972. 39 Mitglieder konnten für 25 jährige Treue zum Verein geehrt werden. Für 1973 — der Verein zählte nun 426 Mitglieder — ist ein Sängerfest zu erwähnen, das vom 15. bis 19.8. ausgerichtet wurde. Im großen Festzelt gastierten bekannte Musikanten an zwei Abenden: Einmal die Donauschwäbische Blasmusik unter Josef Augustin, und dann die Südwest-Starparade mit einem kurzen Auftritt von Heino, jeweils vor sehr großem Publikum. Den vorhandenen Möglichkeiten entsprechend wurde das Vereinsleben intensiviert. Auf sportlichem Gebiet erfolgten weitere Differenzierungen des Angebots: Den Breitensport förderten z.B. vereinseigene Meisterschaften oder das Angebot, an Schwimmkursen teilzunehmen. Der Pflege der Geselligkeit dienten verschiedene Fahrten, u.a. zu Spielen der Fußball-Bundesliga. So waren seit 1973 Sportler und Sänger, letztere unter der fachkundigen Leitung von Karl Kiesel, vereint; das Angebot an Betätigungen innerhalb des Vereins war breit gefächert. In diesen Jahren nach der Gebietsreform zeigte sich wieder stärker das Bestreben, die Pflege der Gemeinschaft innerhalb der eigenen Gemeinde zu intensivieren. Durch den Bau einer Mehrzweckhalle wollte die Gemeinde einen Rahmen für solche Gemeinschaftsveranstaltungen schaffen. Das eröffnete für den Hallensport neue Chancen. In einem Gespräch am 16.12.1973 erörterten die Vorstandschaft des TSV und der Gemeinderat unter Bürgermeister Alfred Zehner ihre Vorstellungen von einem derartigen Projekt. Das Jahr 1974 brachte das Angebot von Kinderturnstunden, in denen, von Hilmar Nöth sehr verständnisvoll betreut, seitdem bis zu 60 Kinder regelmäßig teilnehmen. Die Schützen schafften den Aufstieg in die B-Klasse, 1975 sogar in die A-Klasse. Die Leistungen der aktiven Leichtathleten stiegen weiter nach oben, was 16 erste und 29 zweite Platzierungen 1975 beweisen. Die Rannunger Sportjugend baute sich so ein neues Image auf und konnte sich Mitte der 70er Jahre, auch in ihren schmucken Vereinstrikots mit dem Gemeindewappen und dem neuen Emblem des TSV, überall "sehen lassen". In diesen Jahren der Stabilisierung und Konsolidierung wurden die noch bestehenden finanziellen Verpflichtungen des Vereins erfüllt. Der bewährte Kassier Werner Diemer konnte durch straffe Wirtschaftsführung so viel Vermögen schaffen, dass es bald möglich war, der Gemeinde 100 000 DM zur Verfügung zu stellen: Mit diesem Beitrag hatte sich der TSV zum Bau der Mehrzweckhalle verpflichtet. Nach deren Fertigstellung 1978 standen dem TSV natürlich Möglichkeiten für Hallensportarten und größere Veranstaltungen offen, beispielsweise die jährlichen Faschingssitzungen unter der Regie des TSV. Die Schützen haben sich dort unter viel eigener Initiative im Schützenraum ihren "Bereich" geschaffen; eine Volleyballgruppe nahm den Spielbetrieb in der Halle auf. Die Leichtathletik wurde in verschiedenen Altersgruppen eifrig weitergepflegt. 3 goldene und 11 silberne Mehrkampf-Abzeichen wurden von Mitgliedern errungen, die weibliche Jugend erkämpfte 7 Vereinsrekorde, und mit Roswitha Dömling stellte der TSV erstmals die Bayerische Meisterin im Schulsport.


1979 - 1985

468 Mitglieder zählte der Verein, zu dessen Ehrenvorstand Bernhard Erhard am 24.3. 1979 ernannt wurde. Zum zweiten Male in seiner Vereinsgeschichte richtete der TSV Rannungen am 9./10. Juni 1979 das Gauturnfest des Rhön-Saale-Gaues aus; seine kompletten Sportanlagen in Verbindung mit der nun vorhandenen gemeindeeigenen Mehrzweckhalle boten ideale Voraussetzungen für dessen Durchführung. In einem Zeitungskommentar der Schweinfurter Volkszeitung war denn auch am 11. Juni unter der Überschrift "Turnvaters Freud..." zu lesen: "Turnvater Jahn vollführte einen doppelten Freudensalto, als er sah, mit welcher Begeisterung die Jugend in der Halle, seiner Disziplin‘ nachging. Endlich wieder ein Turnfest im Rhön-Saale-Gau! Vergangenes Jahr noch hatte er reichlich sauer in den Himmel zurückkehren müssen, weil sich kein Verein finden lassen wollte, der die Organisation übernahm. Kein Wunder, denn wer verfügt schon über Wettkampf gerechte Sportanlagen? Einen Fußballplatz haben sie alle, eine Turnabteilung auch, und sie sind froh, dass wenigstens die irgendwo ein Plätzchen für ihre Übungen gefunden haben. Mit Wehmut dachte Jahn an vergangene Zeiten. Ein Gauturnfest kann man in der heutigen Zeit eben nur dann ausrichten, wenn man über eine große Sporthalle und entsprechende Gerätschaft verfügt. Wohl dem, der finanzkräftige Gemeindeväter neben sich weiß, die ihre sportliche Unterstützung nicht nur dem Fußball versichert haben .."Für die Leichtathleten brachte 1979 nach den jahrelangen Bemühungen unter Übungsleiter Horst Weis, zugleich Vorsitzender der Leichtathletik im Rhön-Saale-Kreis, neue Höchstleistungen: Die männliche Jugend stellte 18, die weibliche Jugend 28 neue Vereinsrekorde auf, außerdem 1 Kreisrekord, 14 Kreismeister, 3 unterfränkische Meisterinnen sowie 1 bayerische Vizemeisterin. Für die beste Vereinsarbeit in der weiblichen Jugend erhielt der TSV Rannungen den Wanderpreis des BLV in Unterfranken.1980 brachte einige "runde" Jubiläen: das 70 jährige Vereinsbestehen, 10 Jahre Vereinsheim, 10 Jahre Leichtathletik, Gesang, Gymnastik und Schützen als zugewachsene Abteilungen innerhalb des Turn- und Sportvereins. So gab der Männerchor am 17. März unter Beteiligung von 10 weiteren Chören ein Konzert in der vollbesetzten Mehrzweckhalle. Der Verein beschaffte zum Jubiläum eine neue Fahne, deren Weihe am 7. Juni 1980 von Pfarrer Brendel im Rahmen eines Festgottesdienstes vorgenommen wurde. Auf dieser Fahne von 1980 sind die sieben Sparten der Vereinsarbeit (Fußball, Gesang, Gymnastik. Leichtathletik, Schießen, Tischtennis, Volleyball) symbolisch vertreten. Die altehrwürdige erste Fahne des Vereins von 1913 repräsentiert den TSV nur noch bei außergewöhnlichen Anlässen. Doch 1980 lebte nicht nur vom "Blick zurück": 535 Mitglieder waren dem TSV angeschlossen, 13 neue Vereinsrekorde waren zu verzeichnen, Jutta Beck vom TSV wurde als bayerische Meisterin im Sitzungssaal des Landratsamtes durch den Landrat geehrt. Erstmals wurden Tischtennisplatten beschafft, und die Schützen perfektionierten ihren Bereich in der Mehrzweckhalle durch erhebliche Eigenleistungen. Für eine Erweiterung der bestehenden Außensportanlagen wurden Grundstückskäufe getätigt. Erstmals war der TSV in Volleyball und Tischtennis offiziell in den Meisterschaftsspielen der neuen Saison vertreten. Am 7. Dezember 1980 hatte eine Versammlung der Gausportleiter des Schützengaues Schweinfurt diese Sparte des Vereins aufgewertet, ebenso die Beschaffung einer Königskette am 5.Oktober 1981: Erster Schützenkönig wurde 1981/82 Siegfried Keß, gefolgt von Otto Wehner, Manfred Hoffmann und Leo Erhard. Ein Grundstückstausch ermöglichte 1982 konkrete Planungen für zusätzliche Sportanlagen. Der Kuriosität wegen sei erwähnt, dass das Vereinssportfest miserablem Wetter zum Opfer fiel und sogar in "Bayern 3" abgesagt wurde. 1983 begann am 7. Februar die Rohplanierung des neuen Geländes durch eine befreundete amerikanische Brigade, die traditionsreiche "Red One" (Rote 1) aus Göppingen. Erstmals meldeten sich im März Interessenten zu Wort, die im Verein eine Sportangler-Gruppe begründen wollten. Das Vereinsheim wurde durch eine Pergola an seiner Südseite ergänzt, ein Werfertag durchgeführt. Leo Erhard, seit 1967 hervorragend bewährter 1. Vorstand, wurde aufgrund seiner Verdienste um den TSV durch eine Plakette ausgezeichnet. Als das "Spiel des Jahres" startete im Juni 1983 ein Fußballmatch "Reig‘schmeckte" gegen "Räte", in dem gegen die Rannunger Gemeinderäte von auswärts stammende Spieler antraten, die in Rannungen eingeheiratet haben; die Kommunalpolitiker behielten in diesem "Heimspiel" schließlich mit 5:2 die Oberhand Als die TSV-Damen bei den Rundenkämpfen in Volleyball und Tischtennis einstiegen, errangen die Volleyball Männer 1983/84 bereits den ersten Meistertitel. Um den für Volleyball neu gestifteten "Erhard-Pokal" wurde erstmals ein Turnier durchgeführt, außerdem starteten in Fußball die Mitglieder der Genossenschaft um den Raiffeisen-Pokal.1984 waren dem TSV ca. 600 Mitglieder angeschlossen, wobei die Damengymnastik die meisten Aktiven verzeichnen kann. Im Juni wurde dem TSV die Durchführung des Endspiels um die Deutsche Fußball-Meisterschaft der Gehörlosen übertragen; teilnehmende Mannschaften waren Frankenthal und Bayreuth, wobei die Pfälzer schließlich mit 1:0 Sieger blieben. Live berichtete die "Welle Mainfranken", die Fachpresse war voll des Lobes, auch über die landschaftlich so reizvoll gelegenen Sportanlagen. Deren Erweiterung nach Westen mit Errichtung von 4 Tennisplätzen , ein Projekt von 400 000 DM, geht allmählich der Vollendung entgegen; diese Anlage kann wohl noch im Jubiläumsjahr zur Benutzung freigegeben werden. Im Gymnastikraum hat eine gründliche Renovierung bessere Voraussetzungen geschaffen für die Proben des Männerchores und für kleinere Veranstaltungen. Seit 15 Jahren führen nun Mitglieder des TSV ihr Vereinsheim in eigener Regie, von Vorstandsmitglied Manfred Hoffmann stets zuverlässig organisiert. Diese Art der Wirtschaftsführung stellt seither eine wichtige finanzielle Grundlage für viele Projekte dar. Die Fußballabteilung des TSV Rannungen hatte sich im Jubiläumsjahr 1985 erstmals bis zur 6. Runde im DFB-Vereinspokal durchgesetzt und konnte am 11. April auf eigenem Platz gegen den benachbarten Bayernligisten 1. FC Schweinfurt 05 antreten. Damit ist die Rückschau des Chronisten und seine Zusammenfassung des Gewesenen zum Abschluss gekommen. Wie stark sich das Angebot an sportlicher Betätigung im TSV Rannungen in diesen 75 Jahren gewandelt und ausgeweitet hat, erscheint offensichtlich; gerade in den letzten 25 Jahren wurde eine Differenzierung erreicht, verbunden mit einer breitensportlichen Aktivierung, die man kaum für möglich gehalten hätte. Diese Ausweitung der Betätigungsgebiete spiegelt sicherlich die allgemeine Entwicklung in unserer technisierten und modernisierten Industriegesellschaft wider; in ihr ist der einzelne beruflich anders gefordert als früher, hat aber mehr Anrecht auf Freizeit erworben als jemals eine Generation zuvor. Auch der Jahreslauf im TSV zeigt etwas davon in den Terminen, die in den letzten Jahren zu einer guten Tradition geworden sind: Angefangen mit dem Neujahr Schießen und anderen Terminen des herkömmlichen Schützenjahres, fortgeführt mit den Sitzungen der "Gückerelf" und "Hähnchenelf" zur Faschingszeit, mit der Wanderung zum Fichtenbusch am 1. Mai, dem jährlichen Seefest im August, einem Preisschafkopfturnier, um nur die allerwichtigsten Veranstaltungen zu erwähnen. Ohne den besonderen persönlichen Einsatz vieler in der Vorstandschaft und die verantwortliche Tätigkeit einzelner in besonderen Bereichen wäre der TSV Rannungen in den 75 Jahren seines Bestehens nie zu dieser Größe und Aktivität herangewachsen. Die Chance zu freundschaftlicher Begegnung bietet jede Veranstaltung; dem Sportler ist es stets neu aufgetragen, sich fair mit dem anderen zu messen, den eigenen Erfolg ebenso wie einen Misserfolg sportlich fair hinzunehmen und auf eine neue Gelegenheit zu hoffen. Was der Chronist beim "Hundertjährigen" wohl zu berichten haben wird? Wenn den Menschen und Völkern bis dahin weiterhin friedliche Zeiten und eine gedeihliche Entwicklung beschieden sein werden und dies ist sicherlich die Hoffnung aller, die jetzt mit dem TSV Rannungen feiern, wird es wohl auch wieder zum Herzeigen sein.